"Wuppertal eignet sich für Krimis sehr gut, sagt Autorin Chris Hartmann, die ihre Clique um den „bergischen Kalle Blomquist“ diesmal in Barmen ermitteln lässt. (…)

Wenn im Beyenburger Stausee eine Leiche auftaucht, auf dem Ölberg eine Schatztruhe versteckt ist und die ehrwürdigen Räume des Cronenberger Theaters von einem Fluch heimgesucht werden, dann hat wahrscheinlich Chris Hartmann ihre Finger im Spiel. Seit 2016 schreibt die Wuppertaler Autorin Kinderkrimis, die in Wuppertal angesiedelt sind und im hiesigen Verlag Edition Köndgen erscheinen. Die Hauptfiguren gehören zu einer Freundesclique, die – nicht immer zur Freude der Polizei – leidenschaftlich gern Kriminalfälle löst und dabei eine Reminiszenz an Klassiker der Kindheit wie „Fünf Freunde“ der britischen Schriftstellerin Enid Blyton, „TKKG“ oder „Die drei Fragezeichen“ liefert.

Der fünfte Band, der im Juni erschien, trägt den Titel „Weiße Weste oder der Barmer Fall“ und dreht sich um eine geplante Hochzeit. Nachdem die Polizei eine Schmugglerbande am Düsseldorfer Flughafen aufgedeckt hat, führt eine Spur ausgerechnet zu der italienischen Gaststätte, in dem die Feier stattfinden soll. Die Autorin kombiniert dabei ein klassisches Krimisujet mit Verdächtigen, mysteriösen Orten wie einer Autowerkstatt und nächtlichen Ermittlungen der jugendlichen Protagonisten mit Fakten über die Geschichte des Stadtteils sowie Informationen, mit welchen Methoden Kriminalkommissare arbeiten. Familienstreitigkeiten und jede Menge Trubel lockern die Handlung humorvoll auf.

Texte begleiten Chris Hartmann schon ihr ganzes Berufsleben: Die Wuppertalerin studierte Kommunikationsdesign an der Bergischen Universität, war als Journalistin tätig – darunter auch für die WZ –, arbeitet als Bibliothekarin in Schwelm und veranstaltet Schreibwerkstätten. Ihre Buchreihe stellte sie unter anderem im Deweerthschen Garten, auf Schloss Lüntenbeck sowie zuletzt in der Stadtteilbibliothek in Barmen vor.

Um für ihre Geschichten zu recherchieren, nutzt sie unterschiedliche Wege: „Manchmal bin ich im Stadtarchiv und wühle mich durch die Bücher“, doch um die Details der Orte zu erspüren, begibt sie sich auf Streifzüge: „Ich gehe alles ab, finde heraus, wie es da riecht, was es für typische Geräusche gibt und welche Gespräche geführt werden, etwa an der Bushaltestelle.“ Fotos und Notizen inklusive.

Dennoch sei es nicht einfach gewesen, sich das Handwerk des Romanschreibens zu erschließen: „Ich habe zwar auch Sekundärliteratur, also Ratgeber gelesen. Aber am wichtigsten war, viel auszuprobieren.“ Dabei seien ihre Texte immer länger geworden – von der Kurzgeschichte bis zum Fantasy-Sujet. „Mir ist allerdings aufgefallen, dass mir die reale Umgebung mehr liegt, um sie für eine Geschichte einzufangen.“ Gerade für Kinder und Jugendliche, die sie als Zielgruppe ihrer Romane bedienen möchte.

„Natürlich ist es legitim, dass sie in andere Welten abtauchen und Spannungsmomente erleben, aber mein Anspruch besteht darin, dass die Bücher auch aufklären.“ Zum Beispiel über das Thema des jeweiligen Romans, in „Weiße Weste“ etwa über Drogenhandel. Wobei Hartmann betont, dass Kinder und Jugendliche durch die Medien bereits einen Erfahrungsschatz besitzen und Wissen ansammeln. „Trotzdem stellen sie bei Lesungen viele Fragen, viel häufiger als Erwachsene – das finde ich gut. Allerdings muss ich mich manchmal zurückhalten, nicht zu pädagogisch zu sein.“ Daher versuche sie, die Botschaften auch durch das Verhalten ihrer Figuren zu transportieren – etwa Protagonist Tim, „der eigentlich kein mutiger Junge ist, dafür aber kritisch, nachdenklich und mit der Fähigkeit, Dinge zu kombinieren. Quasi der Kalle Blomquist von Wuppertal.

Jemand, der durch seine Neugier und seine Freunde, die ihn nicht im Stich lassen, dann doch Courage beweist. Hartmanns Bücher sind nicht nur Jugendkrimis, sondern auch dem Genre des Regionalkrimis zuzurechnen. Aber was macht solch einen Krimi aus? Reicht es, passende Schauplätze auszuwählen oder muss die Geschichte mehr Lokalkolorit besitzen, um den Charakter des Ortes und der Menschen widerzuspiegeln?

Denkweisen seien ebenso elementar, findet die Autorin – und dazu die Biografie eines Ortes, „weil das die Menschen prägt. Selbst wenn es schon lange her ist, dass Wuppertal eine Textilstadt war, sind diese Dinge immer noch in Kleinigkeiten zu erkennen.“ Zudem sei Wuppertal „eine Stadt der Gegensätze – und dieser Umstand eignet sich auf jeden Fall für Krimis und Charakterköpfe“.“