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      15 days ago

      Upsi, hatte ich nicht gesehen. Mit https://och.to/unlock gehts.

      Wenn es seiner Selbstdarstellung dient, schreckt Markus Söder (CSU) inzwischen vor keiner Ungeheuerlichkeit mehr zurück. Am Mittwoch reiste Bayerns Ministerpräsident für einen Tag nach Warschau. Und weil Söder nun einmal Söder ist, sank er vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos auf die Knie, in bewusster Anspielung auf SPD-Bundeskanzler Willy Brandt.

      Dessen Kniefall am 7. Dezember 1970 am selben Ort ging als größte Geste eines deutschen Politikers nach dem Zweiten Weltkrieg in die Geschichte ein: Sie markiert die Anerkennung der Schuld und den Beginn der Aussöhnung mit Polen – gegen den Widerstand der Union übrigens. In seinen Memoiren schrieb Brandt später, dass der Kniefall ungeplant war. Kritik aus der CSU? Die muss er nicht mehr fürchten

      Die vierzehn Sekunden der Demut aber gingen um Welt, das Schwarz-Weiß-Foto dieses Moments zählt zu den unvergänglichen Zeitdokumenten. In den Jahrzehnten danach gedachten in Warschau viele andere Politiker aus Deutschland der historischen Schuld, doch keiner von ihnen kam auf die Idee, Brandts Kniefall auch nur ansatzweise nachzustellen.

      Dazu musste erst Bayerns oberster Staatsschauspieler und Instagrammer Markus Söder nach Polen fahren. Berechnend, wie er nun einmal ist, imitierte er Brandts Kniefall – und bekam die Fotos samt Berichterstattung, auf die er abgezielt hatte. Wer künftig auf Google nach „Warschau“ und „Kniefall“ sucht, bekommt zwei Ereignisse angezeigt: den von Willy Brandt und Söders ruchloses Plagiat.

      Kritik aus der CSU muss Söder nicht mehr fürchten. Er hat sich längst zum Alleinherrscher über die Partei aufgeschwungen, der macht, was ihm nützlich erscheint. Politisch verfolgt er gerade eine rigorose Anti-Grünen-Agenda, auch wenn er damit die Autorität des Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz untergräbt und den Wahlerfolg der Union gefährdet. Söder ist das egal.

      Selbstverliebtheit gepaart mit Größenfantasien war immer schon seine ärgste Schwäche. Inzwischen aber hat sie Ausmaße angenommen, die ins Groteske reichen. Man muss nur einen Blick auf seinen Instagram-Account werfen: Nach dem geklauten Kniefall samt Betroffenheitsmimik postete Söder ein Foto vom Warschauer Weihnachtsmarkt. Daneben steht: „Söder isst eine traditionelle Polnische Bratwurst. Schmeckt super!“